In dieser Podcast-Episode hören Sie ein spannendes Gespräch mit dem Steuerberater Matthias Garrn während der letzten DATEV-Barcamp in Nürnberg. Das Schwerpunktthema der Episode ist die Digitalisierung in der Steuerkanzlei.


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Steuerberater Garrn & Nett PartG mbB


THORSTEN JEKEL: Schön, dass Sie wieder mit dabei sind bei einer weiteren Episode von iPad4Productivity und Sie hören schon im Hintergrund, ich bin wieder mal auf einer Konferenz und habe einen ganz spannenden Gast und zwarde Matthias Garrn. Ich hoffe, ich habe das richtig ausgesprochen.

MATTHIAS GARRN: Ja, vollkommen richtig Herr Jekel.

THORSTEN JEKEL: Was machen Sie denn so, wenn Sie nicht wie hier gerade heute auf der DATEV (…) sind.

MATTHIAS GARRN: Im normalen Alltag bin ich Steuerberater und führe mit einem Kollegen zusammen eine Kanzlei in Mülheim-Kärlich bei Koblenz und wir schlagen uns tagtäglich mit der Herausforderung der Steuerberatung und mit der Herausforderung der digitalen Transformation herum.

THORSTEN JEKEL: Und muss man als Steuerberater digital werden?

MATTHIAS GARRN: Das sollte man, wenn man noch in fünf Jahren weiterhin Steuerberater sein möchte, und nicht sich ein neues Hobby suchen muss, wie Golf-Spielen und Ähnliches, weil man dann ganz viel Freizeit hat und die digitale Transformation verpasst hat.

THORSTEN JEKEL: Und weshalbt ist das so aus Ihrer Erfahrung heraus?

MATTHIAS GARRN: Die Entwicklung wird immer schneller aus unserer Sicht. Was ganz langsam anfing vor etwa 10 Jahren mit Unternehmen-Online der DATEV ist inzwischen in eine Bewegung reingekommen, deren Geschwindigkeit massiv zugenommen hat und wo wir das so einschätzen, dass spätestens in fünf Jahren sich der Steuerberatermarkt radikal wandeln wird und die Kollegen, die die Digitalisierung nicht nutzen, vom Markt fast verschwinden werden.

THORSTEN JEKEL: Deshalb wer wird dann den Job übernehmen, weil den Abschluss muss man irgendwie machen oder?

MATTHIAS GARRN: Das werden entweder die Kanzleien sein, die innovativ digital aufgestellt sind, oder es werden ganz neue Marktteilnehmer dazu stoßen außerhalb der Steuerberatungsbranche, die solche Lösungen dann anbieten werden. Gegebenenfalls werden bis dorthin gewisse Dienstleistungsrichtlinien fallen und unseren geschützten Steuerberatermarkt etwas ungeschützt machen.

THORSTEN JEKEL: Ich habe vor Kurzem mal gelesen, dass in Österreich die Tanken bereits schon teilweise automatisiert Abschlüsse machen. Ist das etwas, was Sie irgendwo als Entwicklung auch für Deutschland sehen?

MATTHIAS GARRN: Die Gefahr, in Anfrührungszeichen „Gefahr“, ist sicherlich da, also es wird mehr Marktteilnehmer geben, unser Kerngeschäft wird schrumpfen und wir müssen überlegen, wie wir neue Geschäftsfelder erschließen können.

THORSTEN JEKEL: Ja, hoch spannend. Hoch spannend, weil wir haben uns ja schon mal gesehen. Wir sind jetze heute in Nürnberg auf dem Digitalisierungscamp der DATEV. Erstes Mal in diesem Format und wir saßen so zwei Plätze nebeneinander, ich habe gesagt, Sie waren schon mal bei mir, so das Gesicht habe ich schon mal gesehen, dir ging es glaube ich ähnlich. Sie waren schon mal bei mir in einem iPad-Seminar. Jetzt ist ja die Frage aus der Praxis heraus, wie kann man denn ein iPad in der Praxis, wirklich einer Steuerberatung, aus Ihrer Erfahrung heraus einsetzen.

MATTHIAS GARRN: Also für uns ist es inzwischen so, dass wir das iPad für unsere Außendiensttätigkeit, nenne ich es mal, in der Kanzlei einsetzen. Also für alle Gespäche mit Mandanten oder Ähnlichem, nutzen wir das iPad. Also wir fahren zum Mandanten-Termin, haben dort alles vorbereitet, können auf dem iPad präsentieren, die BWA, den Jahresabschluss oder Ähnliches. Wir haben aber auch die Möglichkeit bei Bankengesprächen mit dem Mandanten oder Ähnlichen sofort über unsere ASP-Lösung auf unser komplettes Kanzleinetzwerk zugreifen. Also zum Beispiel können wir Leasingverträge, Darlehensverträge, live im Bankgespräch nachschlagen und haben dort einen massiven Informationsvorteil dann gegenüber Banken und den Gesprächsteilnehmern.

THORSTEN JEKEL: Und weshalb soll ich dann nicht ein PC mitnehmen?

MATTHIAS GARRN: Weil der PC sehr unhandlich ist und auch als Laptop, ja, dieser Frontaufbau, wenn ich ein Laptop im Gespräch aufklappe, dann wirkt das ein bisschen komisch, wenn ich ein iPad dabei habe, ist das wie ein Notizblock, nur digital, mit vielen vielen Möglichkeiten.

THORSTEN JEKEL: Ja, und wenn Sie Notizen bei Mandanten machen, wie kriegen Sie die wieder in Ihre Systeme rein?

MATTHIAS GARRN: Wenn wir eine Notiz angelegt haben, dann schicken wir am Ende des Gesprächs per E-Mail an meine E-Mail Adresse oder an die Adresse unserer Sekretärin und die legt die dann in unserem Dokumentemanagementsystem ab als Notiz.

THORSTEN JEKEL: Ja, auch spannend. Also vielleicht, ich hatte das im Workshop schon erzählt, die Kanzle Nickert beispielsweise. Die haben das ja so gemacht, dass sie sich einen E-Mail-Postfach angelegt haben, das heißt dms@kanzlei-nickert.de…

MATTHIAS GARRN: Das haben wir auch nach Ihrer Empfehlung hin aus dem letzten Seminar, haben wir das auch so gemacht und wir sind dadurch entastet von der Tätigkeit, selber die Sachen ablegen zu müssen.

THORSTEN JEKEL: Also das funktioniert in der Praxis, dass man eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter hat, der dann sagt, dieses Postfach ist (…), die verschlagworten das, packen das entsprechend zu und so weiter. Wenn Sie aus dem DMS was mitnehmen wollen beim Mandanten, wie lösen Sie das Problem?

MATTHIAS GARRN: Also eine Variante ist, wir warten in der Hoffnung, dass ich Netzwerkzugriff habe beim Mandanten, dann kann ich live auf die DMS zugreifen, wenn ich Angast haben muss, dass ich kein LTE-Zugriff habe beim Mandanten, dann lade ich es vorher als PDF-Datei runter, hab dann einen vorbereiteten Ordner und kann lokal ohne Netzzugang auf die Daten zugreifen.

THORSTEN JEKEL: Und wenn Sie eine PDF-Datei präsentieren, mit welcher App oder mit welchem System arbeiten Sie da heute.

MATTHIAS GARRN: Mit PDF-Expert, wo ich dann auch Notizen und Comments einfügen kann und nachher dem Mandanten verschicken kann.

THORSTEN JEKEL: Und haben Sie auch schon Zugriff auf Ihre Netzlaufwerke mit dem PDF-Expert?

MATTHIAS GARRN: Nein. Noch nicht. Aber den Einwand heute nehme ich gerne auf und ich bin schon mal ganz gespannt das umzusetzen.

THORSTEN JEKEL: Ja, also da vielleicht nochmal auch an die Hörer im DATEV-Umfeld, aber auch nicht im DATEV-Umfeld ist ja eine Grundidee, das man sagt, idealerwese arbeite ich, du sagtest das auch so schön, wenn ich die Hoffnung habe, dass ich eine Online-Verbindung habe, dann kann ich ja Remote auf einem System arbeiten, als würde ich dahinter sitzen, wenn ich aber mal keine Internetverbindung habe, dann ist ja die Frage, es ist ja toll, wenn ich Daten dabei habe, und man kann mit dem sogenannten WebDAV-Kommunikationsstandard, kann man sogar von draußen auf die Netzlaufwerke zugreifen. Der PDF-Expert kann das. Und das Schöne ist, man hat eine Synchronisationssfunktion, und dann kann man eben, wenn man online ist, einmal auf Sync das einrichten und sobald man eine Verbindung zum Netz hat, synchronisieren sich die ganzen Dateien offline und, wenn Sie dann beim Mandanten sind, dann haben Sie den letzten Stand entsprechend dann immer drauf. Und das ist so etwas, wenn Sie die große DATEV-ASP-Lösung haben, dann muss man ein bisschen trixen, geht aber auch.

MATTHIAS GARRN: Wir haben die Partner-ASP-Lösung, glücklicherweise.

THORSTEN JEKEL: Ja und mit der Partner-ASP-Lösung hängt das dann vom Partner ab? Also bei einigen Partner wird es freigeschaltet, bei anderen geht es nicht. Vielleicht noch ein Ansatzpunkt für die Steuerberater, Steuerberaterinnen, die das große ASP haben, es gibt auch noch die Lösung, das man sagt, man hat in der Kanzlei nochmal ein separates sei es ein NAS – Network Attached Storage, dass man sagt, man hat so ein Netzwerk-Festplatte, die von draußen sicher erreichbar ist, worüber man noch Daten austauschen kann, also… ich glaube, das ist ein wichtiges Thema, dass man beim Mandanten eben die Dinge dabei hat, die man sonst (…) ausgedruckt hat, oder?

MATTHIAS GARRN: Ja.

THORSTEN JEKEL: Drucken Sie auch was, wenn Sie beim Mandanten sind oder haben Sie alles digital dabei?

MATTHIAS GARRN: Alles digital mit dem iPad dabei, weil alles Andere immer zum Desaster geführt hat. Ich habe dann die ausgedruckten Blätter nicht weitergeleitet, die lagen bei mir auf dem Schreibtisch rum, das war alles zeitverzögert. Das ist mit dem iPad nicht mehr der Fall. Ich kann sofort eine Notiz erstellen und das Ding ist erledigt.

THORSTEN JEKEL: Und wie reagieren die Mandanten darauf, wenn Sie mit dem iPad präsentieren?

MATTHIAS GARRN: Im ersten Moment sagen die, ooh, das ist sehr innovativ und sehen das so als, ja, technikaffin an. Im zweiten Moment merkt man auch, wo der Mehrwert liegt. Also es geht nicht nur darum zu sagen, aah, ich bin jetzt digital unterwegs, sondern es hat einen logischen Mehrwert und spätestens dann, wenn die sehen, dass ich ihnen auf dem iPad ihre aktuellen Zahlen präsentieren kann, dann sind die (…) begeistert.

THORSTEN JEKEL: Jaa. Was ich auch total spannend fand, wir haben uns vorhin darüber unterhalten, wie Sie Ihre Kanzlei führen, und wie transparent Sie damit umgehen, und dass Sie ein Kanzleinhaber sind, der die Mitarbeiter gefragt hat, was darf ich denn verdienen? Mögen Sie mir da mal nochmal zwei Sätze dazu sagen, weil das hat unmittelbar nichts mit dem Thema iPad zu tun, aber die Frage ist immer, wozu mache ich das. Ich mache das ja, um eine Kanzlei, ein Unternehmen, erfolgreich zu führen und da würde ich gerne mal ein paar Sätze auf für unsere Zuhörer hören, weil das fand ich hoch spannend in Ihrem Einsatz.

MATTHIAS GARRN: Also wenn man ein Vergütungsmodell in der Kanzlei einführt, was auf dem gemeinsamen Erfolg basiert, dann ist für uns die Grundlage, dass man es auch transpartent macht. Das also alle Teilnehmer dieses Erfolgsbeteiligungsmodells auch wissen, auf welche Faktoren es ankommt und wie diese Faktoren aussehen. Und dafür gehört auch dazu, aus unserer Sicht, dass wir transparten offenlegen, wie unsere eigene Vergütung aussieht. Ansonsten hat diese Transparenz, dann nur einen zu engen Rahmen und ist nicht glaubwürdig. Und die Erfahrung, die wir damit gemacht haben sind sehr positiv.

THORSTEN JEKEL: Ja. Das heißt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, was darf ich denn verdienen? Oder?

MATTHIAS GARRN: Ja. Genau. Also was ist aus Mitarbeitersicht angemessen für den Chef.

THORSTEN JEKEL: Ja und kam da die Antwort 10.000 Euro?

MATTHIAS GARRN: Nein, die kam nicht, sondern das waren alles relativ realistische Ansichten, Annahmen, wo man auch merkte, dass die Mitarbeiter sich darüber Gedanken machen, was diese Leistung wert ist.

THORSTEN JEKEL: Ja, und was ich auch interessant fand, sie haben mir das nochmal zweigeteilt gestellt die Frage, also einmal für das Thema Gehalt und dann glaube ich nochmal eine zweite Stufe.

MATTHIAS GARRN: Genau. Also das eine ist, dass man sagt, was ist denn die Tätigkeit des Geschäftsführers der Kanzlei, als Unternehmenlohn, und was ist im zweiten Schritt das Kapitalrisiko für den Kanzleiwert, den man aufgebaut hat, also für die Gesellschaftsanteile. Was das wert…(?). Und damit erzeugt man auch ein bisschen Akzeptanz für das unternehmerische Risiko, was man als Kanzleiinhaber trägt.

THORSTEN JEKEL: Hoch spannend. Und haben Sie dann eher eine Einzelnbetrachtung oder eine Teambetrachtung, wenn’s dann auch um das Thema Erfolgsbeteiligung und solche Dinge geht bei sich?

MATTHIAS GARRN: Wir haben angefangen mit einer relativ starken Einzelnbetrachtung, haben damit aber tendenziell eher schlechte Erfahrungen gemacht, und leiten jetzt über in eine Teambetrachtung, weil wir dort merken, dass der Motivationsaspekt deutlich ausgeprägter ist, wenn man als Team das Ziel verfolgt.

THORSTEN JEKEL: Hoch spannend das Thema. Also das ist auch was, wo ich sage, eines der Grundsätze ist erst Hirn einschalten, dann Technik. Und Technik soll unterstützen, unternehmerisch erfolgreicher zu sein und ich finde das super klasse, dass natürlich Technik dazu unterstützt auch transpartent zu sein. Frage. Diese Transparenz, wahrscheinlich kann da auch nicht jeder Mitarbeiter diesen Weg mitgehen oder? Haben Sie noch alle Mitarbeiter, die Sie im (…) dieses Prozesses hatten?

MATTHIAS GARRN: Ja. Definitiv ist das nicht für jeden Mitarbeiter geeignet. Das hat nichts damit zu tun, dass der Mitarbeiter gut oder schlecht ist, sondern es ist für ihn das passende oder unpassende Modell. Und dadurch verlagert sich die Mitarbeiterstruktur etwas, und man hat nachher die für dieses Modell passende Mitarbeiter.

THORSTEN JEKEL: Ja. Spannend. Vielleicht nochmal zum Abschluß, Sie haben mir Folgendes gesagt, Sie machen auch Digitalisierungsseminare, was bieten Sie da an?

MATTHIAS GARRN: Wir sind unter anderem für Steuerberaterverbände tätig, und für die DATEV, wenn es darum geht, auszuzeigen welche Chancen und Möglichkeiten die Digitalisierung mit sich bringt und wie man Kanzleiprozesse digitalisieren kann.

THORSTEN JEKEL: Hm, spannend. Wo machen Sie diese Seminare?

MATTHIAS GARRN: Das war jetzt in Schleswig-Holstein gewesen. Wir haben es lokal bei uns in Rheinland-Pfalz gemacht, also sehr ortsunabhängig, deutschlandsweit.

THORSTEN JEKEL: Ja. Wo kriegt man mehr Infos dazu?

MATTHIAS GARRN: Über uns und unsere Homepage www.stb-garrn-nett.de.

THORSTEN JEKEL: Verlinken wir auch zu der Episode, wenn Sie das nochmal als Info haben wollen, einfach eine E-Mail schreiben an t.jekel@jekelteam.de oder zum Gratis-Hörerservice des Podcasts anmelden, www.iPad4Productivity.com, dann kriegen Sie auch das Transkript zu dieser Episode, da kriegen Sie auch den Link zu dieser Episode und ich muss da auch darauf gucken, weil ich möchte bei Ihnen auch mitmachen, um auch wieder was dazu zu lernen, und das finde hier das Schöne bei diesem Barcamp, wo wir Sessions haben, die wir anbieten, wo wir uns austauschen. Also so dieses Format Barcamp, eine Veranstaltung ohne eine feste Agenda, wo man spannende Menschen, so wie wir hier und im Sinne von Technik einfach nutzen. Wir haben jetzt ganz spontan einfach mal Mikrofon genommen, wir haben mit der App Ferrit das aufgenommen und Sie können von dem Erfahrungsaustausch mit profitieren. In diesem Sinne sage ich, lieber Mathias Garrn, herzlichen Dank, weiterhin viel Erfolg mit Ihrer Kanzlei und bei den Zuhörern auf alle Fälle mal vorbeischauen bei der Seite, hoch interessant. Vielen Dank.

MATTHIAS GARRN: Herr Jekel, vielen Dank auch. Wir freuen uns über den weiteren Austausch, dass Sie uns weiterhin mit dem iPad fit machen.

THORSTEN JEKEL: Super. Weiterhin viel Erfolg. Dankeschön.

MATTHIAS GARRN: Dankeschön.